UNSETTLING SOUNDS

Die Herabwürdigung von Migration, komplexen Biografien und die steigende Bedrohung der pluralen, offenen Gesellschaft zeigen sich drastisch und bedrohlich vor unseren Augen. Perspektiven von People of Color und von Menschen, deren Familien oder die selbst eingewandert sind, fehlen im öffentlichen Diskurs, obwohl ihre Repräsentation und ihre Präsenz dringend nötig und seit Jahrzehnten überfällig sind.

Das Trickster Orchestra spielt als Reaktion auf diese Zustände die Uraufführung des Werks UNSETTLING SOUNDS. Das Berliner Ensemble entwickelt dazu neue kollektive Improvisationskonzepte und untersucht trans-traditionellen Klang als Möglichkeiten, emotionalen Zuständen von Verunsicherung (unsettledness), empfundener Bedrohung und Sprachlosigkeit Ausdruck zu verleihen. Dabei steht im Zentrum, welche Klang- und Raumformen sich mit Empfindungen von Verunsicherung verbinden lassen: Welche Klangsprache kann anhaltender Gewalt und erfahrener Entmenschlichung Gehör verschaffen? Über globale Instrumentierung und transkulturellen Sprach- und Klangfarbenreichtum markiert das jüngst in die „Exzellente Orchesterlandschaft Deutschland“ aufgenommene Trickster Orchestra die massive Bedrohungslage für postmigrantisches, vielfältiges Leben in Deutschland. Die Improvisationen fallen unter Konzepte wie Failure, Ausschluss, Sackgasse und Dysfunktionalität. Die Inszenierung in der AEG-Industriehalle in Oberschöneweide reduziert Möglichkeiten, Halt zu finden und Schallquellen zu orten: Akustische Perspektivwechsel, Bewegung und die Befragung des Verhältnisses zwischen Musiker:innen und Zuhörer:innen desorientieren und öffnen den Hörraum.

UNSETTLING SOUNDS entwickelt anhand des Paradigmas der Verunsicherung akustische Formen, die Neue Musik mit einem aktiven Zugriff auf gesellschaftliche Zustände verbindet – ein musikalischer Aufschrei für mehr Gehör, Präsenz und Solidarität.

Trickster Orchestra

Das Trickster Orchestra tritt in wechselnden Besetzungen und Größen auf. Zu seinem Kollektiv gehören herausragende Musiker:innen und Sänger:innen aus Genres wie der elektronischen und Neue Musik, globalen klassischen Musiktraditionen, Jazz, der Alten Musik, Weird Pop und freier Improvisation.

Das Ensemble stellt diese nicht lediglich nebeneinander, sondern entwickelt kollektive Erarbeitungsformen auf Augenhöhe, um zu einer zeitgenössischen Musiksprache der radikalen Vielfalt zu finden. Ausgehend von der Überzeugung, dass heutige künstlerische Praxis nicht mehr in Kategorien des 19. und 20. Jahrhunderts stattfinden kann, entwirft das Trickster Orchestra eine Neue Musik, die über getrennte Genres und Kulturen hinausgeht. Traditionen und Fertigkeiten werden zu Werkzeugen der nachahmenden Improvisation, die musikalische Innovationen erlaubt. Auf diese Weise eröffnet das Orchester völlig neue Klangerfahrungen.